Auf mehrmaligen Wunsch publiziere ich unten die Eröffnungsreden der beiden letzten Ausstellungen.
Ausstellung “was bisher geschah” in der “Galerie in der Werretalhalle” in Löhne , 24.09-14.11.20015:
Wir werden geboren. Es ist gut, wenn an einem Märztag. Oder einem anderen schönen, an dem man dann ab jetzt immer Geburtstag feiern kann. Weil feiern auch gut ist.
Und wir sollten dann gleich losmarschieren, obwohl es uns am Anfang noch nicht wirklich klar ist. Es ist uns auch nicht klar, dass es kein Zuckerschlecken sein wird. Dieses Marschieren. Es wird uns an Schnee und Regen ins Gesicht nicht fehlen. Auch das wissen wir dann noch nicht. Deswegen gehen wir los. Auch, weil wir nicht wahrlich adäquate Alternativen haben. Und es macht uns auch Spaß. Wir fangen vorsichtig an, wir krabbeln ein wenig, dann machen wir ein paar Schritte und dann rennen wir los. Viele von uns sind nicht mehr zu bremsen, die anderen werden gebremst. Durch ein Hindernis. Ein kleines, ein riesiges, ein natürliches, ein menschliches, ein anderes noch. Der Eine bleibt dran hängen, der Andere klettert drüber. Und nicht die Hindernishöhe ist hier relevant, sondern unsere Kraft es zu überwinden. Die ist es, die uns antreibt, wenn sie wahrgenommen wird. Die ist es, die gepflegt werden soll, weil sie so wichtig ist. Weil sie dieser Sonnenstrahl nach dem verregneten Tag ist. Weil sie der Vogel im blauen Himmel ist, der uns sehr tief die frische Morgenluft einatmen lässt, wenn wir uns den Komfort erlauben das Tier da oben zu sehen. Und auch ist es die Hoffnung, die uns die Wege zeigt. Wege aus dem Pech, aus dem täglichen Schlamassel. Die uns hilft, die grausame Zeit zu überwinden und auch auf die wunderbare zu warten. Es wird weiter gehen. Es wird immer weiter gehen, ob wir es wollen oder nicht, ob wir es glauben oder nicht. Und wenn wir bereit sind es zu glauben, dann wird es auch so sein, weil die Welt köstlich ist. Die ist wie für uns geschaffen. Diese Schönheit, die uns umgibt sollen wir bewusst wahrnehmen. Das gibt (uns) die Urkraft, die Urenergie, die aus den kleinsten Zellen unseres „Ich“ herauskommt, um uns durch den Tag zu tragen.
Und wir sollen die Liebe nicht aus den Augen verlieren. Sie ist der Fokus, der Kern, der Sinn.
(Auch wenn es sehr pathetisch klingt, kommt es nicht aus Hollywood J )
Ich gehe und schaue mich um. Seit über 30 Jahren mache ich das künstlerisch, was bedeutet, dass ich den ganzen Film, der sich vor meinen Augen täglich abspielt, in meinen Arbeiten wiedergebe – wie jeder Schaffende es macht (glaube ich). Den alltäglichen Kampf ums Überleben bis Morgen. Den Menschen um mich herum mit dem, was ihn bewegt. Die Welt auf meine Art. Ein bisschen symbolische, übertragene, metaphorische, märchenhafte, etwas comichaft überzeichnete und verzerrte, untertönig surreale, eben auf meine Art.
Manchmal greife ich aktuelle Themen auf, manchmal nur einen Gedanken oder ein Gefühl, welches es in seiner Flüchtigkeit gerade noch auf die Leinwand schafft.
Der Betrachter bekommt bei mir Interpretationsfreiraum. Sehr viel davon. Und er braucht diesen Komfort und nutzt ihn auch aus. So lange, wie er möchte. Jede Interpretation wird zugelassen, kein Gedanke wird kritisiert, höchstens gespannt diskutiert. Und wenn das Auditorium glaubt, nicht weiter zu kommen, oder meine Gedanken zu meinen Arbeiten kennenlernen will, dann lasse ich es den Titel des Bildes lesen. In manchen Fällen sogar meine niedergeschriebenen Gedanken zum Bild. Trotzdem denke ich weiterhin, dass die Gestalten, die meine Fantasie erschafft und die meine Botschaften in die Welt tragen sollen, es ganz gut tun, sie sprechen eine fassbare Sprache. Als Gegenleistung für die Möglichkeit der Verständlichkeit verlangen sie vom Betrachter ein bisschen Zeit, Offenheit und Fantasie beim anschauen, erfassen und entschlüsseln. Ich bin überzeugt, dass meine Bilder mehr erzählen, als ich jemals mit meinen Worten beschreiben könnte. Ich kommuniziere durch meine Malerei und versuche das, was ich nicht aussprechen kann, oder will, auf diese Weise loszuwerden und mitzuteilen.
In meinen Bildern zeige ich das Geflüster meiner Seele.
Ausstellung “grimanns märchen 3.0” im “Das Fachwerk” in Bad Salzuflen, 26.04-24.05.2015:
Es war einmal ein junger Flüchtling. Er war voller Hoffnung, Träume, Energie und Lebenswillen. Mit dieser Bagage im Herzen, einen Rucksack auf dem Rücken, der geliebten Frau an der Hand und der 3cm kleinen Tochter auf dem Weg, ist er ohne sich auf Gestern umzudrehen in den Morgen aufgebrochen. Er hat den grauen, kommunistischen Wald hinter sich gelassen und ist gen Westen gegangen, wo die schöne, bunte und helle Sonne praktisch NIE untergeht.
So hat einer der wichtigsten Kapitel in meinem Leben angefangen. Ich werde ihnen heute nicht mein Märchen erzählen, ich werde hier nur ein paar Gedanken verstreuen mit eigenen Worten, vor allem jedoch mit meinen Arbeiten die Sie hier vorgefunden haben.
Ich sage Ihnen heute, dass es sich meistens im Leben schlecht abgrenzen lässt, wo ein eigenes Märchen sich ereignet und wenn es anfängt, dann wann es anfängt und ob es anfängt. Dieser schleichende Prozess wird sehr oft übersehen oder nicht wahrgenommen.
Das ganze Leben, glaube ich, ist wie so ein Märchen. Es kommen nicht immer nur weiße Rösser durch edle Prinzen beritten vorbei, es kommen auch alles um sich herum zerstörende Drachen und fiese Zauberer. Bei jedem von uns ist das Verhältnis zwischen der Berührung mit dem Prinzen und dem Drachen um uns, bestimmt ungleichartig. Obwohl die meisten doch den Prinzen bevorzugen. Oder die Prinzessin.
Vor nicht so lange Zeit habe ich ein Linolschnitt erstellt, der den Titel „ pastorella „trägt. Das Werk erzählt über Sehnsucht und Hoffnung einer Hirtin auf die Liebe eines Ritters. Im romantischen Mittelalter ein beliebtes Motiv in Bildender Kunst genauso, wie in der Musik oder Literatur. Romantisch bis zum Schmerz ist die Hoffnungslosigkeit gewesen. Wie ich es heimlich beobachten könnte, gibt es noch heute das Warten auf den Ritter auf dem weißen Ross, das die wartende junge Dame in eine wunderschöne, erträumt ideale Zukunft mit bedienungsloser Liebe und Hingabe entführt, in der man sogar fürs Putzen Personal hat.
Heute wird der Ritter jedoch durch einen Neureichen, einen Fernseherstar, Fußballer oder einen Businessman (Hauptsache ein dickes Portmonee) er wird in den Träumen ersetzt und dann weiter geträumt. Parallel zu dem Leben, mit dem man nicht einverstanden ist.
Die Zeit, in der ich lebe lässt mir auch keine Ruhe. In meiner Arbeit setze ich mich mit meiner Empfindung der Welt auseinander. Mit diesem Satz kann ich sehr kurz erläutern was ich überhaupt mache. Ich versuche die Welt nicht realistisch wiederzugeben, sondern verzehre sie um den Betrachter dadurch zu einem völlig neuen Betrachtungswinkel zu überreden. Ich denke, dass die Gestalten, die meine Fantasie erschafft und die meine Botschaften in die Welt tragen sollten, zwar eine eigene Sprache sprechen, sie versuchen sie aber so universell zu formulieren, dass die verständlich sein müsste. Allerdings sollte man sich manchmal etwas Zeit nehmen, um den Zugang zu den Arbeiten zu finden. Ich denke auch, dass meine Werke mehr erzählen, als ich das jemals mit meinen Worten machen könnte. Ich kommuniziere durch meine Malerei und versuche das, was ich nicht aussprechen kann oder will auf diese Weise loszuwerden und mitzuteilen.
Wieso ich es mache? Ich kann mir nicht vorstellen es nicht zu machen, ich kann aber nicht präzisieren wieso. Nach dem Prinzip: ein Bild sagt mehr als tausend Worte, wünsche ich mir, dass man sich mit meinen Arbeiten gefühlvoll auseinander setzt und selbst Gedanken dazu formuliert. Nach eigener Wahrnehmung in Konfrontation mit eigener Erfahrung und Weltanschauung.
Ich ziehe die Zeilen der Realität auseinander, ich verzehre sie nach Bedarf, damit der Betrachter meiner Werke dazwischen lesen kann.
Zu den Inhalten kann ich noch hinzufügen, dass ich manchmal die für mich aktuellen Themen aufgreife die mir die Welt serviert, aber manchmal verwende ich nur einen Gedanken oder ein Gefühl welches in seiner Flüchtigkeit gerade noch auf die Leinwand schafft.
Der größte Anteil in meinem Schaffen beansprucht die Malerei für sich. Vor allem die Ölmalerei, wobei ich mich letztens mit der Acrylfarbe angefreundet habe. Zeichnung in allen möglichen Medien wie auch Papierskulpturen und Installationen, Illustrationen für Bücher und CD-Cover ergänzen das Portfolio. Im Laufe der Zeit habe ich eine eigene, vielschichtige Sprache entwickelt, die meine Arbeiten wiedererkennen lässt. Na ja, ich unterschreibe sie auch, man sollte auch die experimentellen Werke mir zuordnen können, bei den ich neues ausprobiere.
Zum Schluss noch eine Aufschlüsselung, warum „grimanns märchen 3.0“?
„märchen“, weil die Arbeiten bunt sind und dadurch auf den ersten Blick märchenhaft anmuten können. Weil im Inneren versteckte Inhalte zu finden sind, die entdeckt werden sollen, weil die Werke meistens eine Moral haben. Und so mehrdeutig sind. Und zeigen die Welt verzehrt und voller in Symbolik getarnten Botschaften wie Märchen meistens.
„grimanns märchen“, weil mein Nachname mit den berühmten Gebrüderpaar gewisse Ähnlichkeit aufweist.
„3“, weil es die dritte Ausstellung unter diesem Titel ist. Grimanns Märchen Ausgabe eins gab es im „Königs Tor“, einem Jazz Club in Stettin, 2.0 in der Städtischen Galerie in żory , beides in Polen.
„ .0“ ist dazu da um moderner zu klingeln und dadurch ein Schmunzeln zu entlocken.
Ich wünsche Ihnen und Euch viel Freude an meiner Schöpfung, danke schön.
hello, nice !!